Kammermusiksaal, Berlin
Kammermusiksaal des Berliner Philharmonischen Orkesters, im Anschluß ans Hauptgebäude der Philharmonie (Werkverzeichnis 222).
Bauplatz Matthäikirchstr., Berlin-Tiergarten
Nach den Skizzen Scharouns erbaut von Edgar Wisniewski.
Teil des Kulturforums mit Museen für europäische Kunst, Staatsbibliothek (Werkverzeichnis 236), Künstlergästehaus (Werkverzeichnis 235) und Musikinstrumentenmuseum (Werkverzeichnis 247).
Täglich um 13:30 werden Führungen durch das Gebäude angeboten. Treffpunkt und Kartenverkauf am Musikereingang.
(15) Kommentare zum Beitrag “Kammermusiksaal, Berlin”
- Dimitri Suchin 19.06.2000 07:15
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Dimitri Suchin 21.06.2016 03:13
Den Kammermusiksaal gibt es auch als Kissen von Sandra Siewert.
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Dimitri Suchin 21.06.2016 03:15
Uniqie! – Gerwin Zohlen zum 25. Jubiläum des Kammermusiksaales
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Rado Velkavrh 29.05.2018 13:12
Sehr geehrter Herr Wang,
in Ihrer Publikation „Hans Scharoun: Philharmonie, Berlin 1956-1963“ findet sich eine Abbildung des Foyers mit Hockern bestehend aus dunkel lackiertem Stahlrohr mit unterschiedlich farbiger Polsterung.
Ist Ihnen bekannt ob dieses Mobiliar zur Originalausstattung der Philharmonie gehört und falls ja, um welches Fabrikat es sich handelt? Stammt der Entwurf aus der Feder Scharouns bzw. hat Hans Scharoun überhaupt Möbel entworfen?
Falls Sie in der einen oder anderen Frage zur Klärung beitragen könnten, wäre ich Ihnen sehr dankbar!Mit freundlichen Grüßen, Rado Velkavrh
STADT WOLFSBURG
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Wilfried Wang 29.05.2018 14:07
Sehr geehrter Herr Velkavrh,
Ihre Anfrage kann ich wie folgt beantworten: das Photo ist leider fälschlicherweise in der Monographie zur Philharmonie mit “hineingerutscht”, da es sich um eine Aufnahme des Kammermusiksaals handelt.
Vielleicht erübrigt sich daher Ihre Frage. Ansonsten schlage ich vor, dass Sie sich an die Kollegen der Scharoun Gesellschaft wenden, die Ihnen eine wasserfeste Aussage geben können: kontakt@scharoun-gesellschaft.deMit freundlichen Grüßen, Wilfried Wang
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Rado Velkavarh 31.05.2018 14:32
Sehr geehrter Herr Dr. Köllner,
dem Hinweis von Herrn Wang folgend wende ich mich nun auf direktem Weg an Sie, in der Hoffnung, dass Sie mir bezüglich meiner Eingangsfragen weiterhelfen können. Da das Foto aus dem Kammermusiksaal stammt, stellt sich die Frage, inwieweit Edgar Wisniewski als dessen Architekt möglicherweise auf Möbelentwürfe oder Möblierungskonzepte Scharouns zurückgegriffen hat. Mit besten Dank vorab und freundlichen Grüßen,
Rado Velkavrh
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Dimitri Suchin 05.06.2018 08:32
Sehr geehrter Herr Velkavrh,
Wie viele andere Kollegen betätigte sich auch Hans Scharoun als Möbelgestalter. Alle seine charakteristisch geschwungenen eingebauten Sofas sind Eigenentwürfe, etliche Tische, Schränke, ganze Arbeitsräume. Es gibt aber auch darüber hinaus loses Mobiliar, teilweise mit eigenen Werknummern: Lampen und Tische.
Wir wissen aber auch, daß er Serienmodelle mitunter sich aneignete auf seine eigenwillige Weise: so sind die Decken- und Wandfluter im Haus Schminke nichts anderes als auf Kopf gestellte Tischlampen. Die Liste ließe sich fortsetzen.
Die Hocker auf dem Bilde im Buch von Professor Wang sind tatsächlich aus dem Kammermusiksaal. Ein Fehler — und wieder keines. Im Erdgeschoßfoyer des großen Saales stehen genau solche mit brauner Bespannung, nebenan an der (alten) Bar und im Nordfoyer solche mit sandfarbener. Auf den Bildern der Eröffnungszeit sehe ich sie auch.Ähnliche finden sich im Zeitungsfoyer der Staatsbibliothek, und nochmals abgewandelt — im Musikinstrumentenmuseum.
Da die Philharmonie mit äußerst kleinem Budget errichtet, nehme ich an, es waren keine Sonderanfertigungen — in den Unterlagen ließ sich auf die Schnelle nichts finden. Aber auch das war typisch Scharoun: er schrieb den ausführenden Projektmitarbeitern keineswegs alles bis ins Detail vor.
Im Falle der Staatsbibliothek und des Philharmonie-Komplexes hieß der Projektarchitekt bekanntlich Edgar Wisniewski. Im Kammermusiksaal setzte er die Linie des großen Saales fort — wahrscheinlich wohl mit Sondermodellen: die Bespannungsfarben entsprechen zu genau den Wandfarben. Man könnte sagen, Wisniewski griff auf Wisniewski zurück. Allerdings liegen mir auch hierzu keine eindeutigen Belege vor: die Büroakten Wisniewski sind noch nicht aufgearbeitet.
Eventuell wäre der Weg über die Hersteller schneller vom Erfolgt bekrönt? Auf den Unterseiten der Hocker wären entsprechende Schildchen zu erwarten.Mit organhaftem Gruß, D.B.Suchin
2. Vorsitzender der Scharoun-Gesellschaft e.V. -
Rado Velkavarh 05.06.2018 09:42
Sehr geehrter Herr Suchin,
besten Dank für Ihre umfassende Antwort-Mail! Dann werden wir bei Gelegenheit wohl einmal die Hocker umdrehen.
In „organhafter“ Verbundenheit, Rado Velkavrh
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Thomas Seyler 26.02.2020 19:41
Hallo Herr Suchin,
…Meine Fragen zum Kammermusiksaal sind schon lange:
- Ist das Außenvolumen von Scharouns Entwurf so groß gewesen?
- Sind die Orchesterumwandungen von Scharoun so geplant gewesen?
…
Thomas Seyler
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admin 29.02.2020 07:24
Sehr geehrter Herr Seyler,
Scharoun gab dem Kammermusiksaal seine Konzeption — die letztendliche Ausarbeitung sah er nicht mehr. Diese lag erst im Winter 1973-1974 vor. Dann gab es eine Planungsphase ab 1978. Bis schließlich 1984 der Baubeginn anstand: da änderte sich so einiges! Und bereits die Konzeption tat es.
So finden wir in den frühesten Forumsplanungen Scharouns, noch ohne Auftrag, bereits eine Andeutung des Kammersaales. Eckig und als ein reines Baumassenmodell. Das muß 1959 gewesen sein.
Aber bereits aus der Zeit davor, als Scharoun 1957-1958 auf der Suche nach einem neuen Standort war, datieren die Skizzen für die Zelten (an der Kongreßhalle, heute Haus der Kulturen der Welt; links), für das Lenné-Dreieck am Grand Hotel Esplanade (heutiges Sony-Areal am Potsdamer Platz; Mitte) und für die Potsdamer Str. (rechts von der Matthäikirche, die Straße selbst ist noch in der alten Lage; rechts). Überall bereits die hexagonalen Formen zweier Säle annähernd in der letztlich verwirklichten Größe.
Bei der Eingabe für die Staatsbibliothek begegnen wir 1962 erstmalig einem Knetmodell eines Kammersaales in diesem Umriß.
Hier, erinnerte sich Edgar Wisniewski, war die Größe des Saales bewußt heruntergedrückt worden.
Wenig später, 1966, gab es wieder ein weniger hexagonales Modell:
Man sieht bereits ein Foyer unter dem Saal und die Galerien zur Matthäikirche hin.
Nach einigen Quellen stellt dies untere Bild ein Planstand von 1971 dar: der Saal gewinnt die uns vertraute Form — aber noch nicht die Höhe!
Dies aber widerspricht den eingangs gestellten Aussagen Wisniewskis. Auch hat er sich nie darauf berufen, das Äußere des Hauses hätte Scharoun noch vor die Augen bekommen, sondern nur die vielzitierte Saal-„Urskizze“ von 1969 hochgehalten. Den offiziellen Auftrag zur Vorentwurfsplanung des Saales bekam Scharoun nämlich erst 1968.
Bis etwa 1982 hat dieses Bild aber auf jeden Fall Bestand, bis der Berliner Senat es als Bauherr verlangt, die Zahl der Zuschauer zu verdoppeln. Dies zwingt zu größeren Foyers auf unverändertem Baufeld, zu äußeren Sitzreihen jenseits den Umgangrings, zu größerem Klangvolumen usw. usf. — da erst nimmt der Saal die von Ihnen hinterfragte Gestalt an. Alle Veränderungen sicher ein Gewinn und sicher im Scharouns Sinne: für die „große Philharmonie“ plante er beispielsweise auf der Joachimstaler Str. bereits einen solchen ebenen Umgang der Foyers, wenn auch um einen massiveren Fuß, und auch die Direktbeziehung zum Musiker ist im Kammersaal gerade durch die häufig inkriminierten steil ansteigenden Saalbalkone gesteigert worden — hier gibt es keine „Musiker ohne Unterleib“ und keine „halben Instrumente“.
Obwohl in der Kausalkette bestens nachweisbar, wird die letztliche Größe Wisniewski bösest angerechnet, als Zeichen seiner angeblichen Eitelkeit und mangelnden Könnens angesehen. Die Tatsache, daß der Anbau trotz der annähernd gleicher Simshöhe dennoch kleiner und zierlicher daherkommt, straft der Kritiker Lügen täglich — und natürlich auch der Klangerfolg.Die Orchesterbrüstungen auf den 4 Seiten des Orchesterpodiums stammen aus der Überarbeitung der ersten Planung um 1978 mit Lothar Cremer und Thomas Fütterer. Ihre Ausgestaltung ist natürlich von Wisniewski.
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Thomas Seyler 01.03.2020 08:10
Danke für Ihre Auskünfte.
…Hier der Grundriss des Kammermusiksaals von 1971, also fast 2 Jahre vor Scharouns Tod. Dort sind keine Orchesterumwallungen und schon etwa 1000 Hörer vorgesehen.Während die Philharmonie vom Dirigenten ausstrahlt, stürzen hier die drei Emporenkeile in das gegenüberliegende, unumwallte Parkett zum unmittelbaren Zueinander der Kammermusik. Ohne Achsbildung und Umwallung, auch nicht ein bisschen.
Je gegensätzlicher umso organischer das Fügen der Philharmonie zur Kammermusik, zur immer grundsätzlicher erfassten Aufgabe, der Kommunikation des Zueinanders, des Unterscheidens.
Das Wesen liegt im Unterschied.
Der Philharmonie waren die Dachaufkantungen wohl noch weniger angstgewachsen, die zur äußeren Wucht des Kammermusiksaals beitragen. -
Thomas Seyler 01.03.2020 08:22
Wer macht eigentlich den denkmalschützenden Bauunterhalt seit Wisniewski?
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admin 15.03.2020 08:23
Die letzten Änderungen an der Philharmonie sind vom Büro Kahlfeldt. Diese sind aber im Foyer des großen Saals. Der Eingang zum Potsdamer Platz ist auch von denen und auch die Überschrift an der Fassade des Musikinforschungsinstituts. Im kleinen Saal dagegen sind mir beim letzten Besuch keine Veränderungen aufgefallen.
Die kleinen täglichen Aufgaben werden im Haus erledigt, von einem entsprechenden Dienst. Da wurde vor vielleicht einem Jahr ein neuer Leiter per Annonce gesucht und auch gefunden. -
Tatiana Ujt 19.10.2020 07:35
…Was sind die Neigungswinkeln der Terrassen im Großen Saal und im Kammermusiksaal?
Verstehe ich es richtig, daß die Terrassen multifunktional sind? Auf einigen Photos sehe ich Musiker darauf, auf anderen nur Zuschauer. -
admin 19.10.2020 12:18
Im Kammermusiksaal sind die Neigungen, vom Podium aus: 0°— 19,60°— 23,29°— 29,09°— 31,56°
Beide Säle sind für Raummusik ausgelegt, darauf, daß die Musiker oder das Chor teilweise oder gänzlich zwischen den Zuhörern stehen. Dafür gibt es Steckdosen für Mikrophone oder Notenlicht usw. Hier im Kammermusiksaal wäre das im Ringumgang und auf den Balkonen.
Berliner Philharmonie, Kammermusiksaal
Mit einem großem Konzertsaal war der Raumbedarf der Philharmonie keineswegs gestillt. Bereits in der Aufgabenstellung des 1956-er Wettbewerbs war ein Saal für Kammerkonzerte enthalten, im Bibliothekswettbewerb 1963 hatten die Teilnehmer auf ihn Rücksicht zu nehmen.
Im Scharoun’schen Philharmonie-Entwurf hatte der kleine Saal eine wichtige städtebauliche Funktion — den Übergang zum Matthäikirchplatz zu schaffen. Allerdings wurde er einer späteren Baustufe zugeordnet und zunächst zurückgestellt.
Erst 1972 wurden die Skizzen wieder ans Licht geholt, sie in Gebautes zu verwandeln wurde Edgar Wisniewski zur Aufgabe. Am 750. Stadtgeburtstag am 28. Oktober 1987 wurde das Haus eröffnet.
Der Bau ist voll erstaunlicher Widersprüche. Obwohl beinahe so hoch wie der Große Saal, ist sein Auftreten keineswegs so groß.
Die fast heimelige Halle hingegen — auch hier sind die Zuhörer um die Musiker vereint, “Musik im Mittelpunkt”, wie Scharoun es für das Mutterhaus formulierte — faßt über 1000 Plätze!
Schließlich werden hier nicht nur alte Kammermusiken gespielt, die Saalbalkone sind auch auf Raummusik-Vorführungen ausgelegt.
Auf der anderen Seite des Großen Saals enstand kurz zuvor das Institut für Musikforschung mit dem Musikinstrumentenmuseum. Darin nimmt man Musik nicht nur auseinander, auf Museumsstücken wird auch gespielt. An den — viel zu wenigen — Tagen, wenn alle drei Einrichtungen zugleich offen haben, bietet sich dem Musikfreund eine einmalige Musiklandschaft an.
(von einer inzwischen abgeschalteten Homepage)