Großer BDA-Preis 2023 für Inken Baller und Hinrich Baller

Eine Würdigung mit persönlichen Anmerkungen von Dr.-Ing. Rainer Köllner

Durch die Auszeichnung mit dem Großen Preis des BDA reihen sich Inken und Hinrich Baller in die namhafte Liste der bisher unter anderem geehrten Hans Scharoun (erster Preisträger 1964), Ludwig Mies van der Rohe, Egon Eiermann, Günter Behnisch, Oswald Mathias Ungers, Peter Zumthor, Anne Lacaton und Jean-Philippe Vassal ein.

Seit den 1970er Jahren ist es Inken und Hinrich Baller durch zahlreiche Entwürfe gelungen, architektonische Akzente zu setzen und sich vom jeweiligen „Mainstream“ wesentlich abzuheben, was in der Fachwelt kontrovers diskutiert wurde und nach wie vor noch wird. Dessen unbeirrt zieht sich durch das architektonische Werk mit seiner organischen Prägung auch ein roter Faden des Experimentierens.

Bei seinem Festvortrag anlässlich des 25. Jubiläums unserer Scharoun-Gesellschaft führte Hinrich Baller grundsätzlich unter anderem aus:

„Zum Geburtstag wünsche ich Ihnen, sehr verehrte Scharoungesellschaft, dass wir uns als ein Basislager verstehen — im Sinne Peter Sloterdyk — für eine Reise, eine Expedition zur Eroberung des Unwahrscheinlichen. Unsere Welt und insbesondere die Architektenwelt ist derart von Wahrscheinlichkeiten umgeben, dass für das Unwahrscheinliche kein Raum bleibt. Eine rückwärtsgewandte Typologie-Diskussion über das Gewesene ohne Aufstiegsziele kennzeichnet die aktuellen Architekturargumente. Hier sollten wir ansetzen.“

In der Ankündigung der Preisvergabe des Bundes Deutscher Architekten vom 13. Juli 2023 wird sehr treffend ausgeführt:

„Als experimentelle Reallabore mussten diese Bauten (von Inken und Hinrich Baller, anm. Verf.) gelegentlich an die Grenzen der anerkannten Regeln der Technik stoßen. Mit zeitlichem Abstand lässt sich diese Architektur aber aufgrund ihrer Haltung als heute noch vorbildlich begreifen: aufmüpfig, fröhlich, sozial und von eigenwilliger Schönheit.“

Anlässlich der documenta urbana, die zwischen 1980 und 1982 in Kassel im Bereich der „Dönche“ entstand, wurden neun namhafte Architekten durch ein Gutachterverfahren aufgefordert, auf einer Fläche von 4 Hektar ca. 200 Wohneinheiten als Mietwohnungen und Einfamilienhäuser zu entwerfen. Hierbei sollten verschiedenste Wohn- und Bebauungsvarianten zur Ausführung kommen. Zwei Gebäude im Zusammenhang der „Wohnschlange“ wurden von Inken und Hinrich Baller entworfen und zur Bauausführung gebracht.

Persönliche Erinnerungen an Hinrich Baller

Zunächst waren die Seminarteilnehmer bei dem Vortrag etwas skeptisch. Nach kurzer Zeit jedoch konnte Herr Baller durch fundierte Ausführungen und Erläuterungen und eine lockere Vortragsart die Seminarteilnehmer für sich gewinnen. Zum Ende der Veranstaltung und erfolgter eingehender Besichtigung der beiden Gebäude der documenta urbana, waren die teilnehmenden Besucher sichtlich begeistert und konnten zahlreiche Denkanstöße und neue Impulse für ihre eigenen Planungen mit nach Hause nehmen.

In den Folgejahren war während zahlreicher gemeinsamer Veranstaltungen stets zu beobachten, dass Herr Baller durch seine besondere Art der Wissensvermittlung überzeugend architektonische Zusammenhänge darstellen konnte. Dies geschah im Rahmen von Lehrveranstaltungen und Vorträgen, auch in Gruppen- und Einzelgesprächen, die nicht nur im universitären Umfeld, sondern auch in seinen geplanten Gebäuden und in seiner privaten Umgebung stattfanden.

Sowohl im Namen der Scharoun-Gesellschaft als auch persönlich gratuliere ich Inken und Hinrich Baller zu dem Großen Preis des BDA 2023 für ihr Lebenswerk und danke ihnen für die gute jahrelange Zusammenarbeit.

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