Jahresrückblick 2024

Liebe Mitglieder und Freunde,

wieder blicken wir aufs vergangene Jahr zurück und richten Hoffnungen auf 2025. Was gab es in diesem Jahr, was steht uns bevor?

Wieder hatten wir mit dem Tag des offenen Denkmals einen festen Anlaufpunkt im Kalender. In diesem Jahr erstmalig mit Werbung im bundesweiten Programm der Stiftung Denkmalschutz, denn beworben wurde auch die an die Öffentlichkeit neu getretene Initiative „Scharoun auf Welterbeliste!“ Diese Arbeit wird in den nächsten Jahren fortgesetzt und erweitert, wobei — auch das darf man nicht verheimlichen — es bereits Störungen gibt.

Die Filme, die wir dabei zeigten, boten Anlass zu Gesprächen. Beides, Filme und Gespräche, werden mehr werden: die Digitalisierung des holländischen Erasmus-Preis-Streifens von 1970 schreitet dem Ende entgegen, nachdem die Finanzierung durch Spenden gesichert werden konnte. Den Spendern, aus der Gesellschaft und von auswärts, gilt unser Dank. Die Präsentation folgt in diesem Winter (behalten Sie die Seiten hier im Auge!) und wird später zum festen Programmpunkt im Atelier. Dort wollen wir für bessere Verdunkelung sorgen, denn die Sonne machte uns so manche Filmpräsentation zu einem blassen Schatten ihrer selbst. Da gab es berechtigte Kritik.

Dies obige lieferte reichlich Anlass für weitere Nachforschungen, über die bei der kommenden Mitgliederversammlung berichtet wird. Als Stichworte seien genannt:

  • Bunte Gläser an der Gedächtniskirche und in der Philharmonie,
  • Scharoun als Grenzgänger zwischen Ost und West,
  • Scharoun am Kurt-Schumacher-Platz,
  • Scharoun bei der IBA 1987.

Hätten Sie zu diesen drei etwas zuzufügen? Ideen und Ergänzungen gerne willkommen!

Leider entfiel uns mit der Schließung der Galerie „Scharaun“ im Jungfernheideweg 4 ein guter Verbündeter. Die Breslauer begingen 95 Jahre WuWA — ohne uns. Die erstmalige Teilnahme an der „Spandauer Nachhaltigkeitswoche“ ging nicht auf. Doch fürs nächste Jahr lädt uns die Langhans-Gesellschaft zur gemeinsamen Teilnahme an der Triennale der Moderne ein, fürs übernächste Jahr, das Weißenhof-Museum zu den 100-Jahr-Feierlichkeiten der Werkbund-Siedlung. Man darf gespannt bleiben!

An weiteren Jubiläen gab es in diesem Jahr nur den (falsch datierten) 50. des Institutes für Stadt- und Regionalplanung der TU und das Symposium „40 Jahre Musikinstrumentenmuseum am Kulturforum“. Dem letzteren wurden Kamswyker Schals als Geburtstagsgaben überreicht. Von denen die Philharmonie inzwischen das volle Sortiment hat.

Etwas gänzlich Neues waren die Einladungen an uns als Fachgutachter. Für die kommende Sanierung der Philharmonie ging es um entwurfsgerechte Fassadenmaterialien, bei der Rettung des Hauses Baensch, um erhaltungsfreudige Statiker. Beides wurde zur allseitigen Zufriedenheit erledigt.

Noch nicht abzuschätzen ist dagegen die Entwicklung am Letterhausweg, wo ein Neubau direkt vor dem Atelier die Nachbarschaft so skandalös aufgewühlt. Wir wurden nun vom Eigentümer um Ideen zur Umnutzung der ehemaligen Vermittlungsstelle gebeten, wovon — wenn die Sterne günstig stehen — auch für die Umgegend etwas Positives abspringen kann. Ob der es wirklich so meint?

Nicht ausgereift sind auch die Hochschul-Kooperationen, von Frau Mösch und Frau Professor Scharoun in diesem Jahr angeregt. Dagegen sind sind unsere Besichtigungen der Scharoun-Bauten recht gut angelaufen, mit den Besichtigungen der Häuser Köpke, Mohrmann, Mattern und Möller. Das Thema stand schon länger bei uns auf dem Programm, aber erst die Verkaufabsichten der Erben machten daraus Realität. Fortsetzung bereits geplant.

Die M20-Scheune wird ungeachtet unserer Initiativen weiter im Sand versenkt — doch bei den Gedenktafeln für Laszlo und Lucia Moholy-Nagy hätten wir einen Teilerfolg: für eine Nur-Laszlo-Tafel liegt nun eine denkmalrechtliche Genehmigung vor. Es gibt auch schon eine Sponsorenzusage.

Die Ehrengräber schafften es vor den Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses. Die Aufzeichnung steht online und ist in mancherlei Hinsicht entblößend; die Nachbearbeitung in unserer Arbeitsgemeinschaft Ehrengräber konnte noch nicht erfolgen — vor allem aus Mangel an Mitstreitern!

Erneut haben wir darauf hinzuweisen, dass die ehrenamtlichen Aktivitäten der Gesellschaft auf Mitgliederbeiträge und Spenden angewiesen sind. Aus diesem Grund bitten wir Sie zu prüfen, ob Sie mit den jährlichen Beiträgen auf dem Laufenden sind; unsere Kontonummer finden Sie hier. Und sollte jemand an der Verschönerung der eigenen vier Wände interessiert sein: unsere Plakate kommen dafür durchaus in Betracht. Aus Restmengen oder als Neudruck. Gegen eine geringe Kostenbeteiligung.

Mit den besten Wünschen,

Dr. Rainer KöllnerDimitri Suchin

P.S. Wissen Sie, woher die Elemente unserer Postkarte stammen?

Ausweichquartier Tiergartenstraße

Die Baukran-Arrangements des Potsdamer Platzes der 1990er Jahre noch in lebhafter Erinnerung, ist eine Wiederauflage davon auf dem Kulturforum im Entstehen. Die Fassaden der Staatsbibliothek und die Nationalgalerie waren ihr Anfang, die M20-Baustelle läuft, weitere kündigen sich an: die Lesesäle und die Foyers der Staatsbibliothek sind schon im Verzug, die Philharmonie plant, das Musikinstrumentenmuseum bereitet sich vor… Naheliegend für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, ein Dauer-Ausweichquartier zu erschaffen, das diese und weitere ihrer Häuser für die Baudauer beziehen und dann dem nächsten überlassen. Dem Vorhaben widmete sich am 25.11.2024 die 105. Sitzung des Baukollegiums.

Von der einstigen Wüstenei um das Kulturforum blieb kaum noch eine Baulücke. Wiederum naheliegend, daß die Blicke sich bald auf den Standort der seinerzeit geplanten „Skulpturenabteilung“ richteten. Zuweilen stand auch schon ein „Architekturmuseum“ auf ihr eingezeichnet — Wechsel hat hier Tradition.

Volkwin Marg bemängelte zurecht die selbstbezogene Objektplanung jüngster Wettbewerbe, am Kulturforum und anderswo. Sein Büro ist anders — führt gekonnt den abgestuften Takt der westlich anschließenden Fassaden der Tiergartenstraße bis fast an die Philharmonie heran, sorgt für mehr und besseres Grün. „Adressenbildung“ war laut Stiftung ausdrücklich gefragt — warum nur das Stocken zur anderen Seite hin, zum Forum und der ersteinziehenden Staatsbibliothek? Kein Weg, keine Geste dringen durch die seinerzeit nur provisorisch hochgezogene Brandwand des gemeinsamen Museumsvestibüls.

Gewiß, eine Neuordnung der schiefen Piazzetta bis hin zur „Erdung“ (=Totalabriß) geistert schon lange herum. Jetzt ist sie nicht mehr vordringlich, wie die sichtlich verlegen wirkende Stiftungsvertreterin in der Kollegiumssitzung auch zugab. Sie bleibt, die Studie ist dieser Tatsache auch wohl bewußt: die unter der Piazzetta liegenden Behindertenparkplätze und Fahrrad-Stellplätze rechnet sie zu ihren Gunsten auf — übersieht aber auf dieselben gerichteten Türen des gemeinsamen Foyers der Gemäldegalerie, der Wechselausstellungshallen, des Kupferstichkabinetts nur wenige Meter weiter?!

Man kann dem Kollegium nur beipflichten, dieses Nichtsehen ist sonderbar. Zumal die anderen Seiten des doch nicht so großen Baues von Eingängen nur so übersät sind: es gibt ihrer 4, inklusive einer „Arkade“ exklusiv für das Ibero-Amerikanische Institut und einer „Passage“ unter dem Hausmassiv. Sie ist weniger dem Durchqueren als dem internen Austausch gedacht.

Des Gremiums Empfehlung: nur den Osteingang an der Platane belassen, für Verbindung zur Piazzetta sorgen.
Warum so bescheiden? — Laßt die Platane ruhen und auch das Rondell. Ein Hocheingang, eine sinngebende Erweiterung der oberen Piazzetta-Kante aufs Dach des Neubaues wären eine weit mehr versprechende Lösung (ganz abgesehen von den Einsparungen aus gemeinsamer Nutzung des Vestibüls, der Garderobe, des Cafés)! Ein Eingang, ein Dachgarten, eine Belvedere…

Die Fassade will „generisch“ und „nutzungsoffen“ sein — verständlich, angesichts des auf Jahre angedachten Nutzerwechsels. Unverständlich dagegen wie sie der eigenen Volumenstudie widerspricht, weder auf Gutbrod, noch Hilmer&Sattler oder Hollein Bezug nimmt. Stattdessen nur ein berlinödes Büroraster, „nur als Platzhalter“, entschuldigte man sich wiederholt. Dabei hätte gerade ein Regalsystem hier ein ausgesprochenes Potential!

…Ein Institut zieht temporär ein. Wände werden umgestellt, Türe durchbrochen, Fenster die soeben noch einem Labor dienten, finden sich vor lichtscheuem Lagergut wieder — doch das Raster schreibt unerbittlich Pfeiler und Öffnung vor: Lasset sie sein! Wo störend oder wo gewollt, macht sie zu Projektionsflächen, zu Berichtern statt Belichtern der inneren Arbeiten, zu Schaufenstern im buchstäblichen Sinn! Zeigt euch, nehmt Spolien mit, auch von der Baustelle des jeweiligen Mutterhauses — Muster-Fassadenflächen etwa. Setzt sie als Erkennungsmarken ein im (hoffentlich kurzem) Exil, auf der Ebene und in der Höhe — versetzt sie bei Bedarf — und läßt sie beim Auszug stehen.
Ausgerechnet in der Sanierungsnot bekäme Berlin eine musische Schmuckschatulle, ein Spielkästchen sogar. Denn die obere Eingangsbelvedere hätte angesichts der zeitgleich zu erwartenden Schließung der Philharmonie — nicht zur Preußenstiftung gehörig — und des Musikinstrumentenmuseums — sehr wohl stiftungsgehörig — als eine Musik-Arkade am arkadischen Park gleich mehrfach Sinn.
Auch und gerade als Adresse.

Aeronauticum, Nordholz bei Cuxhaven

Die 1975 errichtete „Bootshalle“ des Deutschen Schiffahrtsmuseums machte Platz für einen Erweiterungsbau. Die Konstruktionen übernahm 1994 das Luftschiff- und Marinefliegermuseum „Aeronauticum“, flog sie nach Nordholz bei Cuxhaven (Wurster Nordseeküste) und stellte sie wieder auf. Sie sind dort seit 1997 als „Scharoun-Halle“ zu besichtigen.

Projektarchitekt Peter Fromlowitz.

2006 in ähnlicher Form erweitert (Architekt Herbert Butt).

Anhörung Ehrengräber

Am 7. Oktober 2024 fand nach mehrmaliger und inzwischen auch mehrjähriger Verzögerung der Auftritt unserer AG Ehrengräber vor dem Kulturausschuß des Berliner Abgeordnetenhauses statt. Interessierte seien an die amtliche Aufzeichnung und Protokoll verwiesen, wir aber wiederholen hier unsere Problemstellung und die Lösungsvorschläge.

Berlin ehrt seine Verstorbenen. Das ist bekannt und normal. Derzeit sind es unter 700 Ehrengräber.
Berlin löscht seine Ehrengräber. Um 2000 waren es ihrer über 800. Dieses Vorgehen hat Seltenheitswert, von der Moral ganz zu schweigen.
Begründet wird dies mit Zweifeln am „fortlebenden Andenken in der allgemeinen Öffentlichkeit über den Zeitraum eines Jahrhunderts hinaus“ (AV Ehrengrabstätten, V 10.). An dieser Formel sind selbst Zweifel angebracht, auch weil sie die zentrale Funktion eines Ehrengrabes, Erinnerung an eine Person zu wecken, in ein Gegenteil verkehrt, eine Quittung der vorhandenen Erinnerung. Schwindet sie, nimmt man dies zur Kenntnis, statt Erinnerungsarbeit zu betreiben.

Auf der Liste der Gelöschten finden sich Wissenschaftler, Schauspieler, Politiker usw. Auffällig die Häufung der Heimat- und Fürsprecherlosen. Gelöscht ohne vorherige Ankündigung, ohne öffentliche Beratung, ohne… Unter den 200 Gelöschten sind auch mehrere, die nach allen bekannten Kriterien keinesfalls angegangen werden dürften. Was Fragen ob der Richtigkeit von allen Löschungen berechtigt erscheinen läßt.

Wir schlagen 3 Wege vor, wie man aus der momentanen Situation wieder herauskommt:

  • Es ist eine Ausführungsverornung Ehrengräber auszuarbeiten, die den Gräbern keine Ablauffristen setzt und keine „Quittierfuktion“. Der Prädikat darf den Gräbern nur auf begründeten Antrag wegen konkreter Verfehlungen entzogen werden. In diesem Fall werden sie als „historische Gräber“ weiter geführt, denn auch der Vorgang der gewesenen Ehrung ist geschichtlich von Bedeutung. Alle jemals gewesenen Ehrengräber sind auf diese Weise so oder so anzuerkennen — auch die zerstörten!
  • Es ist eine Ausführungsverornung Ehrengräber auszuarbeiten, die den Gräbern keine Ablauffristen setzt und keine „Quittierfuktion“. Alle jemals gewesenen Ehrengräber werden überprüft, ob nicht etwas gegen die Einzelnen vorliegt. Im Fall der Zweifel oder wenn ein Grab inzwischen verloren ging, wird ihnen die neuzuschaffende Kathegorie „historische Gräber“ zuerkannt. Sonst werden sie in den ursprünglichen Ehrzustand versetzt. Auch später können die Ehrengräber auf begründeten Antrag hin ihr Prädikat verlieren und zu „historischen Gräbern“ werden, wie zuvor.
  • Es ist eine neue Ausführungsverornung Ehrengräber auszuarbeiten, die zumindest auf die „Quittierfuktion“ der Ehrengräber verzichtet. Bei Ablauf der Ehrungsfrist oder bei zu beliebiger Zeit eingebrachten begründeten Antrag wird geprüft, ob eine neu aufgedeckte Ehrverletzung o.ä. vorliegt. Daraufhin wird ein Grab weiterhin als ein Ehrengrab oder als ein „historisches Grab“ weiter geführt. „Historische Gräber“ haben keine Ablauffrist.

 

Über Anträge und Streitfragen entscheidet in allen 3 Varianten eine für die Öffenlichkeit zugänglich tagende, nach erkennbaren Kriterien zusammengesetzte Kommission.

Die Sitzung fand im Bernhard-Letterhaus-Saal statt, mit seinem großen Portrait herabschauend von der Wand. Ein Zeichen, ein Omen? – wir sind seit längerem dabei, für das Haus am Letterhausweg zu kämpfen…

Ob die Ideen Gehör finden?

 

Stadt- und Regionalplanung an der TU Berlin, 50 Jahre und ein Bißchen

Seit Juli 2024 begeht das Institut für Stadt- und Regionalplanung seinen 50., die Feier soll bis November andauern. Wir gratulieren, wollen aber nicht vergessen, daß die Neugründung im Fachbereich „Gesellschafts- und Planungswissenschaften” durch die beiden Städtebauprofessoren des Fachbereichs „Architektur“ erfolgte, Friedrich Gunkel und Peter Koller. Diesen wiederum gingen Fritz Eggeling zuvor und — Hans Scharoun. Eggelings Lehrstuhl gehörte vor ihm Werner March und noch eher Gerhard Jobst; den Anfang aber machten, 1946-1947, die Professoren Martin Mächler, Willy Ebert und Scharoun. Professor wurde er 1947 und blieb es bis zur Emeritierung 1958.

Bereits in diesen Anfangsjahren des an der neuen TU gegründeten Instituts für Städtebau gehörten die Fragen der Soziologie, der Denkmalpflege und der Ökonomie zu den Kernbereichen, wovon u.a. das Forschungsprojekt „Berlin, die Stadt von Morgen“ Zeuge sei (1954-1958), mit Charlottenburg-Nord als baulicher Umsetzung.
Man muß zugeben, danach verkümmerten die Zweige wieder — und sich dennoch auf die 100-Jahr-Feier in 22 Jahren freuen.

Es ist nicht ohne Pointe, daß das Institut neuerdings im 9. Stock des Architektur-Hochhauses residiert. Dort war bis zur Sanierung die Fachbereichsbibliothek untergebracht. Diese ist nun im Architektur-Flachbau zu finden — genau dort, wo nach originaler Scharoun-Planung die Städtebauer ihren Platz hätten. Eine Rochade, die 50 Jahre in Anspruch nahm.