Vertippt 3

Die Berliner tip-Zeitschrift läßt nicht locker und beschert uns immer wieder neue Korrekturaufgaben.

Im letzten Heft schickt sich Xenia Balzereit an, die Geschichte der Karl-Marx-Allee auszuleuchten. Sogleich stoßen wir zum Abschnitt „Kurzes Wiederaufleben der Bauhaus-Ideale“:

In der Karl-Marx-Allee gibt es zwei sogenannte Laubenganghäuser. Die beiden Häuser stehen im Kontrast zur restlichen, monumentalen Bebauung an der Magistrale im Osten Berlins. Sie stammen aus der Feder von Hans Scharoun, einem der wichtigsten Architekten der Moderne in Berlin – und Gestalter des sogenannten Kollektivplans. Scharoun hatte nach dem Zweiten Weltkrieg ein Konzept für die völlige Neugestaltung des zerstörten Berlins entworfen: Viel Grün sollte es zwischen den Häusern geben, locker und dezentral die Bebauung sein.
Kurze Zeit später war es vorbei mit dem Kollektivplan. Die Ideen dahinter bekamen den Stempel elitär, formalistisch und westlich-dekadent. Die zukünftige Bebauung sollte besser zu den Idealen des Sozialismus passen. Die beiden Laubenganghäuser ließ diese Umorientierung wie zwei einsame Wanderer durch fremde Lande zurück...

Der sogenannte „Kollektivplan“ entstand 1945-1946, als Hans Scharoun der Stadtrat von Berlin war. Der Öffentlichkeit wurde der in der Ausstellung „Berlin plant – Erster Bericht“ präsentiert – und sofort zerrissen. Besonders hervorgetan hat sich dabei die West-Berliner SPD, die allerdings nie von „Idealen des Sozialismus“ dabei sprach.
Der Name „Kollektivplan“ legt nahe, daß da eben ein Kollektiv dahinter stand. In der Tat, es war ein Zusammenschluß von Wils Ebert (ein Bauhäusler) – Peter Friedrich – Ludmilla Herzenstein – Reinhold Lingner – Hans Scharoun – Luise Seitz – Selman Selmanagić (zweiter Bauhäusler) – Herben Weinberger. Man legte Wert darauf, als Gemeinschaft aufzutreten, ohne daß einer oder anderer hervorgehoben wird.

Volle zwei Jahre nachdem der „Kollektivplan“ Makulatur ward, bat der neue Bürgermeister Ost-Berlins, Friedrich Ebert junior (mit Wils Ebert nicht verwandt), die Architekten des Kollektivs um Ausarbeitung eines Generalaufbauplanes für Berlin (realistische Umsetzungschancen hatte er nur im Ostteil der Stadt, aber man erhob den Gesamtvertretungsanspruch). Dieser ward 1948 fertig und wurde sehr wohlwollend aufgenommen. Das war die Geburtsstunde auch der „Wohnzelle Friedrichshain„. Der Bauanfang war am 18.12.1950, dem Geburtstag Stalins, die Straße war schon im Vorjahr umbenannt.

Es gibt Pläne von Scharoun zu diesem Bauvorhaben, Skizzen und Details für Laubenganghäuser, Hochhäuser und Teppichsiedlungen, doch blieben sie alle auf Papier.

Die umgesetzten Bauten in der Karl-Marx-Allee 102–104, 126–128 sind aus der Feder von Lidmilla Herzenstein (Людмила Евгеньевна Герценштейн). Sie und die Häuser von Hemut Riedel (Gubener Str. 2a–e), sowie von Richard Paulick (ein Bauhäusler), Franz Schmidt und Dieter Zahn (Graudenzer Str. 1a–d, 2, 4, 5a–d, 6, 8, 9a–d, 10, 12, 14, 15c–e, 16, 18, 20, 21a–e) sind das Einzige, was von der „Wohnstatt“, ehemals „Wohnzelle“ verblieb.

Der Schluß mit „westlich“ und „dekadent“ stimmt wieder.

Wir bitten Alle Autoren um Genauigkeit – und leisten gerne unseres dazu.

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